WARUM DIESER KURS?

Gerade jetzt, wo der Begriff der Kompetenz in den Mittelpunkt aller Diskussionen über Lehren und Lernen Eingang gefunden hat, ist es wichtig, die Lehrmittel, die den sogenannten kompetenzorientierten
Unterricht ermöglichen sollen, genauer unter die Lupe zu nehmen.

Kommunikative Kompetenz

Es ist unbestritten, dass im Erlernen einer Fremdsprache die kommunikative Kompetenz, die Fähigkeit, in kommunikativen Situationen sprachlich adäquat - der eigenen Lernstufe entsprechend – zu agieren und zu reagieren, die zentrale Rolle einnimmt. Das Erlangen der kommunikativen Kompetenz der Lernenden muss das oberste Ziel des Fremdsprachenunterrichts sein. Im Vordergrund müssen Strategien stehen, die Lernende mit Strukturen ausstatten, die zur kommunikativen Kompetenz auf dem jeweiligen Niveau (von A1 bis C2) führen können.

In diesem Zusammenhang kommt gerade dem Anfängerunterricht besonders große Bedeutung zu, denn in dieser Phase muss das Fundament gelegt, auf dem die weiteren Sprachkenntnisse aufgebaut werden können. Dies erfordert genaue Überlegungen, wie die grundlegenden Strukturen dargestellt, eingeübt und schließlich automatisiert werden.  In erster Linie muss man sich auf eine klar überschaubare Anzahl von essentiellen grammatikalischen Grundstrukturen beschränken, die, ergänzt durch den  Grundwortschatz, auf vielfältige Art und Weise situativ angewandt und dadurch eingeübt werden. Dabei darf das folgende Grundprinzip niemals aus dem Auge gelassen werden:
Die grammatikalischen Strukturen müssen so ausgewählt werden, dass sie die Kommunikation nicht durch ein Übermaß an Formen beeinträchtigen.
Die Strukturen müssen in dieser Phase des Erlernens einer Fremdsprache möglichst einfach und verständlich gehalten werden, damit sie die spontane Kommunikation überhaupt erst möglich machen. Durch die ständige Anwendung können dann diese Basisstrukturen automatisiert werden und dazu führen, dass die/der Lernende sie nach einer gewissen Zeit auch internalisiert. Damit ist eine solide und nachhaltige Grundlage für weiterführende Strukturen geschaffen worden.

Der Internetkurs „Italiano 1“ ist gemäß diesem Grundprinzip konzipiert, demgemäß man mit möglichst einfachen Mitteln möglichst viel sagen kann.

Lernen = Vergessen

Das Lernen kann man insofern als Vergessen auffassen, als es in diesem höchstkomplexen Prozess in erster Linie darum geht, das zu Erlernende zu automatisieren und zu internalisieren.

Am einfachsten kann man das anhand des Erlernens des Autofahrens veranschaulichen. Jeder, der diesen Prozess durchgemacht hat, weiß über die anfänglichen Schwierigkeiten, grundsätzliche Fertigkeiten des Koordinierens von Gangschaltung, Kupplung, Gaspedal, usw. zu erlangen, Bescheid. Hat man sich einmal diese Basisfertigkeiten angeeignet und führt sie ganz automatisch durch, kann man sich anderen Aspekten des Fortbewegens im Verkehr widmen. Deswegen finden ja auch bekanntlich die ersten Fahrstunden in der Fahrschule auf dem Übungsgelände statt. Kein Fahrlehrer würde auf die Idee kommen, den Neuling ohne essentielle grundlegende Fertigkeiten in den alltäglichen Verkehr zu entsenden.

Auch wenn der Erwerb einer Fremdsprache ein unvergleichlich komplexerer Prozess ist, verläuft er nach denselben Grundprinzipien. Genauso wie sich der Fahrlehrer in den ersten Stunden bemüht, dem Lernenden die Grundfertigkeiten beizubringen, um diese dann durch Übungsfahrten einzuüben, zu festigen und schließlich zu automatisieren, so muss auch der Sprachlehrer in der Anfangsphase versuchen, die Basisstrukturen der Fremdsprache zu vermitteln, sie durch Anwendungen einzuüben und dadurch beim Lernenden zu automatisieren. 

Grundlagen

Während es beim Autofahren nicht schwierig ist, die Grundtechniken zu definieren, gestaltet sich dies in der Fremdsprachendidaktik naturgemäß wesentlich diffiziler, weil verschiedene Aspekte in Betracht gezogen werden müssen:

Welche Strukturen sind unbedingt notwendig, um elementarste Sachverhalte der Alltagswelt mitteilen und erfragen zu können?

Wie kann man die Anzahl der grammatikalischen Strukturen so eingrenzen, dass sie den Lernenden in der Anfangsphase nicht überfordern und damit die spontane Kommunikation, die zur Einübung dieser Strukturen unabdingbar ist, behindern?

Wie kann man die Progression dieser Strukturen so gestalten, dass dieser negative Effekt auf die Kommunikation vermieden werden kann?

Und schließlich stellt sich die Frage der Methoden und Techniken, wie die kommunikativen Situationen geschaffen werden können, in denen die Strukturen und der Basiswortschatz durch verschiedenartige Anwendungen eingeübt werden.

Italienische Lehrbücher

Man müsste natürlich annehmen, dass die Lehrbuchautoren die passenden Antworten auf diese Fragen gefunden haben und ihre Kurse dementsprechend gestalten. Ein flüchtiger Blick auf die italienischen Kursbücher genügt allerdings, um festzustellen, dass dies leider in keinem von ihnen der Fall ist!

Nehmen wir nur als Beispiel das tragende Element jedes Satzes – das Verb. In allen Lehrbüchern werden schon in den ersten Lektionen sowohl alle Konjugationen als auch etliche unregelmäßigen Verben – noch dazu in allen sechs Personalformen – eingeführt. Es liegt auf der Hand, dass eine spontane alltägliche Kommunikation darunter leiden muss. Menschen unterscheiden sich bekanntlich von Computern, die eine gespeicherte Information innerhalb von Bruchteilen von Sekunden abrufen können. Wenn man als Lernender einer Fremdsprache schon beim wichtigsten Teil eines Satzes unter vielen Formen die richtige finden muss, wird eine echte Kommunikation höchstwahrscheinlich ausbleiben. Anstatt dem Lernenden die Lage durch eine kluge Auswahl an überschaubaren Verbformen zu erleichtern, um auch die Konzentration auf andere grammatikalischen Basisphänomene, wie z.B. die Übereinstimmung von Endungen bei Substantiven und Adjektiven, zu ermöglichen, wird auf diese Art und Weise offensichtlich einer Überforderung in kommunikativen Situationen Vorschub geleistet. Denn zusätzlich zu den neuen Wörtern, die der Lernende beim Erlernen einer Fremdsprache memorieren muss, kommen noch viele Strukturen dazu, mit denen diese Wörter verknüpft werden müssen.

Es scheint logisch zu sein, dass die Strukturen in dieser Lernphase möglichst einfach gehalten werden müssen, damit sowohl die Formen als auch die Wörter durch die stetige Anwendung zugleich eingeübt werden. Es gibt natürlich sehr begabte Lernende, die mit ihrem beinahe photographischen Gedächtnis auch diese Hürde leicht überspringen. Genauso wie es übrigens auch talentierte Fahrschüler gibt, die man sehr bald in den Stadtverkehr entsenden kann. Eine Fahrschule kann aber ihr Konzept auch nicht nach zukünftigen Formel 1-Fahrern ausrichten. Genauso lernen eine Fremdsprache nicht nur Hochbegabte!

Es wäre natürlich absurd, den Lehrbuchautoren zu unterstellen, Sprachkurse nur für Hochbegabte erstellen zu wollen! Der Grund, warum sie die einsichtigen Grundprinzipien des Sprachenlernens in ihren Werken ignorieren, liegt eher darin, dass sie sich das eigentliche Ziel des Fremdsprachenunterrichts - das Erlangen der kommunikativen Kompetenz - nicht ständig vor Augen halten. Und wie aus dem bisher Ausgeführten hervorgeht, ist dies vor allem im Anfängerunterricht von entscheidender Bedeutung.

Der Internetkurs "Italiano 1"

Im Internetkurs „Italiano 1“ wurde bei der Auswahl der grammatikalischen Strukturen darauf Bedacht genommen, dass zu Beginn nur die allernotwendigsten eingesetzt werden. Dies manifestiert sich am deutlichsten bei den Hauptverben.  Bis zur Mitte der Unità 3 (also ungefähr bis zum Ende des ersten Semesters) werden daher nur die Hauptverben der ersten Konjugation ( –are) – und noch dazu nur in den ersten drei Personen Singular – verwendet. Es ist außerdem erstaunlich, wie viele Sachverhalte des Alltags man im Italienischen mit relativ wenigen Basisverben dieser Konjugation ausdrücken kann.

Indem sich der Lernende nur auf drei Endungen (-o, -i, -a) und auf wenige unregelmäßige Verben (essere, avere, stare) konzentrieren muss, bleiben genügend Ressourcen frei, auch die anderen fundamentalen grammatikalischen Strukturen (Übereinstimmungen, Artikel, Fragewörter, Präpositionen) und den Basiswortschatz zu erlernen und aktiv zu benutzen.

Zum lernpsychologischen Konzept des Kurses kommen noch die typischen Vorteile des computerunterstützten Lernens und Lehrens dazu:

Interaktive Übungen, die nicht nur eine kontinuierliche Selbstevaluation ermöglichen, sondern dadurch, dass sie immer neu durchgemacht werden müssen, ein großes Lernpotential in den Übungsphasen besitzen und größere Effizienz als niedergeschriebene Übungen aufweisen.

Eine flexible Gestaltung des Lernrhythmuses und Lerntempos beim Lernenden und dadurch die Förderung der Selbstlernfähigkeit.

Anschauliches Unterrichtsmaterial für die Unterrichtsgestaltung in Form von Dialog- und anderen Animationen, die über Beamer schrittweise projiziert und diskutiert werden können.

In den nächsten Kapiteln werden verschiedene Möglichkeiten der Anwendung dieses Kurses dargestellt, die durch den Einsatz von downloadbaren Unterrichtsmaterialien auf der Webseite http://www.danfunk.at/Insegnamento/index.html  zu einem handlungsorientierten, kooperativen, offenen Lernen führen.